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Berauschende Perspektiven für Composites

Interview mit Lovis Kneisel, CEO von FUSE, über einen Alpinski aus hanfbasierten Composites

FUSE ist einer der Hauptakteure bei einem aktuellen Projekt zur Entwicklung eines Alpinskis mit einer insgesamt nachhaltigeren und ökologischeren Herstellung als bisher. Konkret soll der CO2-Fußabdruck deutlich reduziert werden. Hierfür ist die Wertschöpfung auf Kreislaufwirtschaft und die Produktion auf die Verarbeitung des nachwachsenden Rohstoffs Hanf bei der Composite-Herstellung umzustellen. Bei der zuletzt genannten Aufgabe arbeitet FUSE mit KARL MAYER Technische Textilien zusammen. Ulrike Schlenker vom Corporate Communication-Team der KARL MAYER GROUP sprach mit Lovis Kneisel, Geschäftsführer von FUSE, über die Hintergründe und Erwartungen rund um das Vorhaben.

US: Warum haben Sie für das Gemeinschaftsprojekt den Bau eines Alpinskis gewählt?

LK: Wir haben uns bereits vor Start des Projektes seit geraumer Zeit mit der Entwicklung angepasster Halbzeuge für Bio-Composite-Produkte in diversen Marktbereichen befasst. Der Alpinsport ist eine Branche, die grundsätzlich sehr offen für Innovationen im Bereich Nachhaltigkeit ist und aufgrund vieler kleiner Akteure ein schnelles Feedback zur Tauglichkeit neuer Materialsysteme und Prozessansätze liefert. Der Alpinski als solcher ist ein enorm spannendes Produkt, da hier der Performancegedanke sehr stark im Fokus steht. Es ist uns im Team insbesondere in enger Zusammenarbeit mit SPURart gelungen, 100 % der enthaltenen Glasfaser zu substituieren und trotzdem einen enorm leistungsfähigen Ski zu entwickeln. Die Innovation überzeugt auf und abseits der Piste selbst die Profis von SPURart.

US: Im Composite-Bereich werden bereits Flachsfasern verarbeitet. Was fasziniert Sie an Hanf? Gibt es konkrete Zahlen zu den Vorteilen dieser Naturfaser bei der Umweltbilanz?

LK: Flachs und Hanf sind hinsichtlich ihrer Performance im Verbundwerkstoff weitestgehend wesensverwandt. Der Vorteil von Hanf gegenüber Flachs liegt tatsächlich in der Ökologie, aber auch in der Ökonomie begründet. Hanf kann, anders als Flachs, vollständig ohne chemische Pflanzenschutzmittel angebaut werden und ist auch außerhalb von Belgien und Frankreich in guten Qualitäten verfügbar. Da wir bei unseren Halbzeugen konsequent auf Sekundärfasern – die sogenannten Wergfasern – setzen, befinden wir uns nicht im für Flachslangfasern üblichen Beschaffungswettbewerb mit der Bekleidungsindustrie und können somit eine sehr attraktive Kostenstruktur an unsere Kunden weitergeben.

US: Welche Vorteile überwiegen beim Einsatz von Naturfasertapes im Vergleich zu Naturfaserzwirnen hinsichtlich der Prozesskette bzw. des Durchtränkungsverhaltens?

LK: Die Tapes werden als Flächengebilde direkt aus der Faser hergestellt. Damit werden die gesamten Prozesse der Spinnerei und auch Teile der späteren Flächenbildung eingespart. Der Vorteil hieraus ist ein essenziell verschlankter Prozess.

US: Mit welchen Impulswirkungen durch das Projekt rechnen Sie? Welche Potenziale bieten sich für die Composite-Industrie in anderen Marktsegmenten? Welche Anwendungen abseits von Sport und Automotive sind aus Ihrer Sicht noch möglich?

LK: Naturfaserverbundwerkstoffe können in vielen verschiedenen Anwendungsbereichen eingesetzt werden. Dabei sind nicht nur Mobilitäts- oder Sportanwendungen im Fokus. Auch beim Einsatz in tragenden Bauteilen im Bereich Building & Construction oder aber auch im Logistiksektor werden Vorteile geboten. Hier gibt es aktuell gemeinsame Arbeiten mit einem Schweizer Start-up zur Entwicklung einer zirkulären Europalette.

US: Wie kann den naturfaserbasierten Composites der Weg in breite Anwendungen geebnet werden? Welche Herausforderungen gibt es?

LK: Das Interesse der Industrie an biobasierten Werkstoffen ist vor dem Hintergrund der dringend notwendigen Dekarbonisierung der Industrie sehr groß und rasant steigend. Biogene Rohstoffe im Allgemeinen und Faserstoffe aufgrund ihres hohen Leistungsanspruchs im Speziellen sind bezüglich ihres qualitativen und quantitativen Charakters wachstumsabhängig. Wesentliche Herausforderungen sind daher stets die sichere Bereitstellung qualitativ hochwertiger und homogener Materialien und die kontinuierliche Reduzierung der Bereitstellungskosten für industrielle Halbzeuge.

US: Kommen wir auf die Kooperation mit KARL MAYER Technische Textilien zu sprechen: Seit wann arbeiten Sie mit dem Partner der Composite-Branche zusammen und was schätzen Sie an ihm?

LK: Die Zusammenarbeit mit KARL MAYER hat sich im Zuge erster Voruntersuchungen für das beschriebene Projekt HanfSki entwickelt und wurde seitdem stetig ausgebaut. Wir schätzen das Unternehmen wegen seines Innovationsgeistes und seiner steten Bereitschaft, neue Dinge auszuprobieren.

US: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch!

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Lovis Kneisel, Geschäftsführer von FUSE

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