Angesichts der vielfältigen weltweiten Konfliktlagen steigt der Bedarf an persönlichen Schutzausrüstung für Sicherheitsbehörden.
“Wir erhalten vermehrt Anfragen aus Europa zum Thema schusssichere Schutzwesten.”
Er und sein Team entwickeln schon seit einigen Jahren erfolgreich Lösungen zur Herstellung extrem leistungsfähiger und zugleich leichter Multiaxialgelege für textile Schutzanwendungen. Ein geringes Gewicht ist für den Tragekomfort der Schutzausrüstung wichtig.
Produkte aus Aramid-Fasern, einem hochfesten Polyamid, sind bereits am Markt etabliert. Diese Fasern werden mit Hilfe der Faserspreizanlage UD 700 zu dünnflächigen Tapes ausgespreizt, mit konstanter Spannung der Multiaxialwirkmaschine COP MAX 5 in einem zweistufigen Prozess zugeführt und hier mittels Nähwirken zu hochwertigen Gelegen verfestigt.
Das Verfahren ermöglichte bereits Einzellagengewichte von nur 90 g/m².
Noch zu schwer, befanden die Experten von KARL MAYER, denn bei der Verarbeitung zu Schutzwesten werden je nach Schutzklasse bis zu 70 Tape-Lagen in verschiedenen Winkeln kombiniert.
In einem weiteren Projekt wurde ultrahochmolekulares Polyethylen (UHMWPE) verwendet. Die Fasern bieten im Vergleich zu Aramid eine geringere Dichte und eine hohe Zugfestigkeit von über 3,5 GPa. Trotz ihres geringeren Materialeinsatzes und Gewichts weist die UHMWPE-Faser damit dieselbe Energieabsorption beim Einschlag von Kugeln und anderen Projektilen auf wie Aramid. /1/
Herstellung extrem leichter Faserlagen
Der Prozess zur Herstellung der UHMWPE-Tapes ähnelt dem der Aramid-Verarbeitung. In einem ersten Schritt werden die Fasern zu Single-Layer-Tapes ausgespreizt und hierfür die Möglichkeiten der Faserspreizanlage UD 700 genutzt. Die Spreizversuche hierzu bei KARL MAYER waren äußerst vielversprechend.
Aufgrund ihres guten Aufspreizverhaltens kann die UHMWPE-Faser in hohen Feinheiten verwendet und trotzdem zu äußerst dünnen, leichten Lagen ausgespreizt werden.

„Wir haben Lagen mit nur 40 bis 50 µm Dicke und höchstens zwei übereinanderliegenden Einzelfilamenten erzeugt. Dies macht Flächengewichte von unter 30 g/m² pro Lage möglich“, freut sich Jürgen Tröltzsch über den Erfolg.
Durch die geringen Flächengewichte müssen die Filamente direkt nach dem Spreizprozess in ihrer Lage fixiert werden, damit bei der Weiterverarbeitung keine Gassen entstehen. Legegassen sind Einbruchstellen für das Projektil, und damit ein Ausschlusskriterium. Als Fixiermaterial wurde eine hauchdünne Polymerfolie von 10 µm Dicke von einer Seite auf das ausgespreizte Faser-Tape aufkaschiert. So kann das Festigkeitspotenzial der Fasern maximal genutzt werden, um dem Preis der Garne gerecht zu werden. Für die erforderliche Verbindung von Faserlage und Folie wurde ein Modul zur Folienabrollung und Aufheizung in die Faserspreizanlage integriert. Auch die Tests hierzu lieferten ermutigende Ergebnisse.
In einem zweiten Schritt werden die unidirektionalen Single-Layer-Tapes in 0°- und 90°-Winkellagen auf der COP MAX 5 zu Lagenpaketen, sogenannten Cross-Plies, verbunden und per Wirkverfahren verfestigt. Dies hat sich schon bei der Aramid-Verarbeitung bewährt.

Bis zu sechs Lagen können dabei automatisch aufgestapelt werden. Insbesondere das System zum selbsttätigen Lagenlegen in verschiedenen Winkelausrichtungen beeindruckte bereits Kunden, die sich bei KARL MAYER über die Möglichkeiten der Multiaxialtechnik beim Einsatz im Bereich Schutzausrüstung informierten. In der Praxis werden die Lagenpakete heute oft noch händisch erzeugt.
Erfolgreiche Tests
Cross-Plies aus UHMWPE-Fasern wurden schon 2021 vom Staatlichen Beschussamt Mellrichstadt nach dem international verwendeten US-amerikanischen NIJ Standard 0101.06 umfassend getestet. Das Tape-Lagen-Paket hatte ein Gesamtgewicht von 6.000 g/m² und eine Winkelanordnung der Faserlagen von 0°/90°. Der Test zur Perforation und Einbeulung eines definierten Untergrundmaterials wurde erfolgreich bestanden.

Die Vorteile der KARL MAYER-Faserspreiztechnik zur Herstellung von Schutztextillagen auf einen Blick
ausgereifte Faserspreiztechnik zur Herstellung von unidirektionalen Faser-Tapes mit exakt ausgerichteten Fasern
Nutzung hoher Garnfeinheiten auch für niedrige Flächengewichte möglich, dadurch:
- geringere Materialkosten pro kg
- Nutzung von Gattern mit geringerer Spulenanzahl, geringerem Platz- und Rüstbedarf
Materialkombination aus Fasern und Folie:
- keine Flüssigchemie zur Einbettung der Fasern nötig
- kein nachgeschalteter Trocknungsprozess notwendig
/1/ https://de.impact-fibers.com/info/uhmwpe-vs-aramid-in-the-field-of-bulletproof-a-84211424.html